21. Juli 2018, Samstagmorgen
135 Kilometer Fahrstrecke in nordwestliche Richtung liegen vor uns, als wir unser Feriendomizil in Thermisia verlassen. Nach der engen Umarmung des Urlaubsresorts erscheint die schroffe Wildheit der Berglandschaft wie eine andere Welt. Die Reise führt uns durch pittoreske, in der wabernden Hitze dösende Dörfer. Gut ausgebaute Straßen verjüngen sich hinter der nächsten Biegung zu abenteuerlich kurvigen Schotterstrecken, welche uns mahnen, die Reisetabletten beim nächsten Mal nicht zu vergessen. Beidseitig flankierend immer wieder hohe Berge, in der Ferne gleißender Marmor-Tagebau.
Eine kurze Pause an einem der zahlreichen kleinen Obst- und Gemüsestände, wo wir mit Händen und Füßen versuchen, von der Verkäuferin den Preis für ein halbes Kilo frische Feigen zu erfahren. Bis sie es nachsichtig aufgibt, uns zu unterrichten, das dargebotene Geld nimmt und uns noch zwei große Tomaten schenkt.
Nach zwei Stunden eine größere Stadt. Nemea, wo uns die Säulen des antiken Zeus-Tempels eindrucksvoll begrüßen.
Ein kurzer Anruf bei unseren Freunden – wir sind in einer halben Stunde da.
Man will uns am Ortseingang von Psari treffen, zum Haus von Giannis‘ Mutter geleiten und dort ausführlich in Empfang nehmen.
Nun ist es also soweit. Ich stehe auf einem Berg südlich von Psari und mir wird schlagartig bewusst, dass dies die Gegend ist, durch die 74 Jahre zuvor, ebenfalls im Juli, mein Großvater mit Waffe und Rucksack marschiert ist. Immer wieder war ich in den letzten Monaten seinem Weg gedanklich auf der Karte gefolgt. Immer wieder hatte ich mir ausgemalt, wie die persönliche Begegnung mit der Familie Skourtis ablaufen könnte. Ich habe so etwas wie Angst.