Ich schrieb vier Institutionen mit der Bitte um Auskunft an:
- die Deutsche Dienststelle (WASt) für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht, Berlin
- den DRK-Suchdienst, München
- den Kirchlichen Suchdienst, Passau
- den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Kassel
Zusätzlich bat ich im „Forum der Wehrmacht“ um Informationen zu Routen und Truppenbewegungen der Wehrmacht in / nach Griechenland, denn bislang ging ich davon aus, dass mein Großvater an seinem Bestimmungsort niemals angekommen war.
Es folgte eine lange, sehr lange Zeit des Wartens. Nach einigen Wochen trudelten jeweils Eingangsbestätigungen ein – durchweg mit dem Hinweis, dass die Nachforschungen „einen längeren Zeitraum in Anspruch nähmen“.
Im Laufe der nächsten zwei Jahre erhielt ich nach und nach die Antwortschreiben der vier Institutionen mit mehr oder minder brauchbaren Informationen:
wie von Ihnen gewünscht, haben wir unsere Unterlagen entsprechend Ihren Angaben geprüft. Ihr Großvater wird hier wie folgt geführt:
Gerhard Wierschke, geb. 21.05.1919 und auch als Paul Gerhard, geb. 21.05.1921, vermisst seit 01.07.1944
Zum Verbleib liegen uns keine Aufzeichnungen vor, was uns für Sie sehr leid tut.
Gerhard Wierschke, * 21.05.1919 Alt-Driebitz Vorgangs-Nr. 933882
Unter der o.g. Vorgangsnummer haben wir Sie als Angehörige (n) bzw. Interessenten registriert. Somit können wir Sie zukünftig über die umfangreiche Arbeit des Volksbundes informieren.
Wierschke, Gerhard, geb. 21.05.1919
wir bedanken uns für Ihre Anfrage. Unsere Ermittlungen haben Folgendes ergeben:
Gerhard Wierschke, *21.05.1919 in Hammer, Bezirk Glogau/Schlesien;
Oberjäger (Unteroffizier) im II. Bataillon Luftwaffenjägerregiment 22, 7. Kompanie; auch 5./Jägerregiment 22 (L)
Feldpostnummer: 44173 und 50118;
Vermisstenbildliste DRK-Suchdienst München Band LM 2. Nachtrag Seite 337, 2-1;
letzte eigene Nachricht: Mai 1944, Griechenland;
lt. Meldung der Einheit Feldpostnummer 44173 (liegt beim DRK-Suchdienst München nicht vor) vermisst Feldwebel Schröder mit 28 Mann kam nicht vom Einsatz zurück.
Vermisst seit 02.07. 1944 Psari, Peloponnes (Auskunft Deutsche Dienststelle Berlin).
Der Suchauftrag besteht beim DRK-Suchdienst seit 1965. Die erste Anfrage stellte die Ehefrau des Vermissten Sophie Wierschke, geb. Wanzek., *01.05.1921. Die o.a. kursiv gesetzten Angaben stammen aus dem Suchantrag der Ehefrau vom 08.02.1965
Alle bisherigen Bemühungen des DRK-Suchdienstes München, das Schicksal von Gerhard Wierschke zu klären, blieben erfolglos. … . Gerhard Wierschke gehört nach wie vor zu den Menschen, die verschollen sind, deren Schicksal ungeklärt ist. Der Suchfall bleibt bis zu einer möglichen Klärung weiterhin offen.
auf Ihre Anfrage vom 08.03.2010 nach dem militärischen Werdegang Ihres Großvaters und vom 25.10.2010 nach seinem Verbleib teile ich Ihnen mit, dass die Personalpapiere (Wehrpass, Wehrstammbuch, Stammrolle, etc.) hier nicht vorliegen; sie sind vermutlich durch Kriegseinwirkung verloren gegangen.
Aus sonstigem Schriftgut der ehemaligen Wehrmacht wird Folgendes bestätigt:
– Wierschke, Gerhard, geboren am 21.05.1919 in Alt-Driebitz
Erkennungsmarke: – 290 – Lw.Bau.Kp. 6
Dienstgrad: Oberjäger (Unteroffizier)
Truppenteile:
lt. Meldung vom 08.12.1939 Luftwaffen-Bau-Kompanie 6/ IV (motorisiert)
Einsatzraum: Sorau, später Liegnitz
– bis Februar 1944 liegen keine Meldungen vor –
lt. Meldung vom 10.02.1944 5. Kompanie Jäger-Regiment 22 (Luftwaffe)
(= Feldpost-Nr. 44 173 B)
Unterstellung: 11.Feld-Division (Luftwaffe)
Einsatzraum: Feb. 1944 – Juli 1944 = Griechenland
Vermisst: 02.07.1944 bei Psari / Peloponnes
Die Vermisst-Meldung enthält den Vermerk:
„Von Banden verschleppt, vermutlich ermordet“
Über den Verbleib Ihres Großvaters ist uns nichts bekannt geworden.
Gegen die Web-Community „Forum der Wehrmacht“ hegte ich aufgrund der etwas martialischen Aufmachung anfangs einige Ressentiments. Völlig unbegründet, wie sich schnell herausstellen sollte. Die Teilnehmer/-innen glänzen durch fundiertes Wissen, beeindruckende private Archive, und nicht zuletzt eine ausgeprägte Hilfsbereitschaft.
Der Umgangston ist freundlich und sachlich.
Hier erhielt ich wertvolle Informationen, wie diese beiden Threadbeiträge eindrucksvoll zeigen.
Von Roland:
…25.06.1944
Beginn des Bandenunternehmen “Adler“, als größtes Unternehmen, welches je auf dem Peloponnes durchgeführt wurde, mit etwa 4 000 Soldaten, geplant für einen Zeitraum von 6 – 8 Wochen, zur Säuberung des Parnon-Gebirges und im allgemeinen Raum Sparta – Leonidion – Astros – Tripolis. Das Unternehmen musste auf Grund der Gesamtkriegslage Anfang Juli 1944 bereits abgebrochen werden
(Hermann F.Meyer, Von Wien nach Kalavryta – Die blutige Spur der 117.Jg.Div durch Serbien und Griechenland, Bibliopolis, Möhnesee-Wameln, 2001, S. 402, 407)
03.07.1944
Kurz vor Beendigung des Unternehmens “Adler“ wurden am 3.7.44 Teile des II. Bataillons, Lw.JgRgt 22 am Stymfalia-See, unweit von Nemea, von starken Bandenkräften, dem 6.ELAS-Regiment, eingeschlossen und hatte dabei empfindliche Verluste von 18 Toten, 29 Verwundeten und 23 Vermissten.
In der griechischen Nachkriegsliteratur vervielfältigte sich jedoch die Anzahl der deutschen Toten erheblich! (HF. Meyer, 117.Jg, S. 407) …
Von Byron:
Hallo Tom,
01-03 Juli 1944: Roland hat das Geschehen richtig beschrieben.
Bei der Durchführung des Unternehmens „Adler“ haben die Deutschen im Sommer 1944 versucht die Partisanen auf dem Peloponnes zu vernichten. Psari (bedeutet Fisch), ist ein Bergdorf auf einer Höhe von etwa 750 m liegend in der Nähe der Stymfalia-See in Arkadien, dort wo Herkules die stymphalischen Vögel tötete. Dort hat das Btl.II des 22. Lw.Feldregiments einen Zug der 5. Kp. von 32 Mann gelassen. Diese behandelten die Dorfeinwohner sehr grob und lagerten an der Strasse nach Siouri auf dem Berg Brekos. Der Rest des Bataillons marschierte weiter zu anderen Dörfern des Stymphalia. Der Notar des Dorfes Giorgos Ikonomopoulos (ein Soldat hatte seine Frau vergewaltigt) schickte eine Nachricht zu den Partisanen der Umgebung die am Abend den Zug angriffen. 16 Soldaten fielen, die restlichen 16 wurden gefangen und am nächsten Tag im Nachbarort Skotini exekutiert.Das Bataillon kehrte zurück und fand im Dorf nur 5 Greise, die Bevölkerung war in die Berge geflohen. Psari wurde verbrant, die Greise erschossen.Der deutsche Schriftsteller und mein unvergesslicher Freund Hermann-Frank Mayer hatte im Jahre 1975 als junger Bursche das Dorf Psari besucht und versuchte von einem Bewohner zu erfahren wie die 16 gefangene Soldaten umgebracht wurden. Er erhielt die Antwort: „Warum willst Du die unangenehme Vergangenheit erwecken. Das waren alles böse Sachen. Setz Dich, trink ein Glas Wein mit mir und gehe Deinen guten Weg“.
Besuche Arkadien, ist eine wunderschöne Gegend, da wo der Gott Pan und Nymphen hausten.
Schnell und unkompliziert bekam ich außerdem vom Bundesarchiv/Militärarchiv per e-Mail eine Kopie der relevanten Seite aus dem Kriegstagebuch:
„Bei Aufklärungsunternehmen im Raum W Nemea ( 20 NNW Argos ) Kampfgruppe II./Jg.Rgt. 22 ( L ) von starken Bandenkräften eingeschlossen, konnte sich nach O durchschlagen. Empfindliche eigene Verluste ( 18 Tote, 29 Verwundete, 23 Vermißte ).“